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EU-Parlament formuliert Provisionsverbot um

24.4.2024 – Seit der Veröffentlichung des Entwurfs für die Kleinanlegerstrategie ist das Provisionsverbot im ungebundenen Vertrieb von Versicherungsanlageprodukten heiß umfehdet. Das EU-Parlament hat der Passage nun eine neue Note gegeben, die Maklervertretung zeigt sich erfreut: Die Formulierung lasse Maklern die Wahl zwischen Provisions- und Honorarvergütung. Nun geht es in die Gespräche mit dem Rat.

EU-Flagge (Bild: NoName_13 auf Pixabay)
Bild: NoName_13 auf Pixabay

Das Europäische Parlament (EP) hat am Dienstag im Rahmen seiner derzeit laufenden Plenarwoche in Straßburg Beschlüsse mit Relevanz für den Versicherungssektor gefasst.

Insbesondere hat es beschlossen, mit dem EU-Ministerrat die Verhandlungen über die Kleinanlegerstrategie (VersicherungsJournal 25.5.2023) aufzunehmen. Diese sieht bekanntlich einige Änderungen in der Versicherungsvertriebsrichtlinie (IDD) vor.

Die Entscheidung wurde mit 353 Stimmen bei 230 Gegenstimmen und 21 Enthaltungen angenommen. Der EP-Wirtschaftsausschuss hatte sich im Vorfeld mit dem Gesetzespaket befasst und seinen Bericht dazu verabschiedet.

IBIPs: Beratungsfreier Vertrieb

Aus Sicht des Versicherungsvertriebs besonders relevant – und umstritten – sind die Provisions(verbots)regelungen im Zusammenhang mit Versicherungsanlageprodukten.

Die Fassung des Parlaments weicht hier vom ursprünglichen Entwurf der Kommission ab. Das betrifft etwa den von der Kommission für die IDD geplanten Artikel 29a Absatz 1.

Diese statuierte kurz gefasst ein grundsätzliches Provisionsverbot im beratungsfreien Vertrieb. Ausnahmen: geringfügige Zuwendungen bzw. solche, die keinen Interessenkonflikt auslösen können, sowie Zahlungen, die für die Bereitstellung der Dienstleistung „notwendig“ sind.

Das Parlament hat diesen Absatz gestrichen.

Passage zum ungebundenen Vertrieb geändert

Der besonders für Versicherungsmakler bedeutsame Artikel 30 Absatz 5b, in dem die Kommission ein Provisionsverbot im ungebundenen Vertrieb von Versicherungsanlageprodukten niederschrieb, kommt im EP-Entwurf in abgeänderter Form als Artikel 29a Absatz 4a auch vor – siehe Kasten unten.

Kleinanlegerstrategie – „Anreize“ im ungebundenen Vertrieb von Versicherungsanlageprodukten: Vorschlag der Kommission (Art. 30 Abs. 5b) und Entwurf des Parlaments (Art. 29a Abs. 4a)

Entwurf der Kommission (2023)

EP-Entwurf (2024)

Artikel 30 Absatz 5b

Die Mitgliedstaaten schreiben vor, dass ein Versicherungsvermittler oder ein Versicherungsunternehmen, der bzw. das Versicherungsanlageprodukte vertreibt, wenn er bzw. es Kunden mitteilt, dass die Beratung ungebunden erfolgt, der Versicherungsvermittler bzw. das Versicherungsunternehmen

a) eine hinreichende Zahl von auf dem Markt angebotenen Versicherungsprodukten beurteilt, die hinsichtlich ihrer Art und Produktanbieter hinreichend breit gestreut sind, damit die Ziele des Kunden in geeigneter Weise erreicht werden können, und die nicht auf Versicherungsprodukte beschränkt sind, die von Unternehmen emittiert oder angeboten werden, die in enger Verbindung zum Versicherungsvermittler oder zum Versicherungsunternehmen stehen;

b) für die Erbringung der Dienstleistung an die Kunden keine Gebühren, Provisionen oder andere monetäre und nichtmonetäre Vorteile einer dritten Partei oder einer Person, die im Namen einer dritten Partei handelt, annimmt und behält.

Artikel 29a Absatz 4a

Die Mitgliedstaaten schreiben vor, dass ein Versicherungsvermittler oder ein Versicherungsunternehmen, der bzw. das Versicherungsanlageprodukte vertreibt, wenn er bzw. es dem Kunden mitteilt, dass die Beratung ungebunden erfolgt,

a) eine hinreichende Zahl von auf dem Markt angebotenen Versicherungsprodukten beurteilt, die hinsichtlich ihrer Art und Produktanbieter hinreichend breit gestreut sind, damit die Ziele des Kunden in geeigneter Weise erreicht werden können, und die nicht auf Versicherungsprodukte beschränkt sind, die von Unternehmen emittiert oder angeboten werden, die in enger Verbindung zum Versicherungsvermittler oder zum Versicherungsunternehmen stehen;

b) für die Erbringung der Dienstleistung an die Kunden keine Gebühren, Provisionen oder andere monetäre und nichtmonetäre Vorteile einer dritten Partei oder einer Person, die im Namen einer dritten Partei handelt, annimmt und behält.

Dieser Absatz hindert Versicherungsvermittler, die aufgrund ihres Rechtsstatus als unabhängig eingestuft werden, nicht daran, sich als nicht vertraglich an ein bestimmtes Versicherungsunternehmen gebunden darzustellen, wenn sie darauf hinweisen, dass sie Anreize erhalten.

Das EP schreibt in „Erwägungsgrund 5“ zu dieser Änderung: „Angesichts der Vielfalt der Strukturen für den Versicherungsvertrieb in den Mitgliedstaaten sollten Versicherungsvermittler, die aufgrund ihrer Rechtsform als unabhängig eingestuft werden, durch diese Vorschrift auch nicht daran gehindert werden, sich als nicht vertraglich an ein bestimmtes Versicherungsunternehmen gebunden darzustellen, sofern sie darauf hinweisen, dass sie Anreize erhalten.“

Die Interpretation der neuen Formulierung

Was bedeutet die in dem Artikel neu eingefügte Passage konkret? Kurze Rückblende zum Expertentreffen der österreichischen Versicherungsmakler im Herbst 2023: Damals war die Kleinanlegerstrategie freilich zentrales Thema (VersicherungsJournal 11.9.2023).

Fachverbandsgeschäftsführer Erwin Gisch ging besonders auf das Provisionsverbot ein, das laut dem Kommissionsentwurf dann griffe, wenn der Vertreiber „dem Kunden mitteilt, dass die Beratung ungebunden erfolgt“. Im englischen Entwurf ist von „independent“, also „unabhängiger“ Beratung die Rede.

Gisch argumentierte, es sei nicht die Intention der EU-Kommission gewesen, Maklern ein Provisionsverbot dergestalt aufzuerlegen, wie es in der österreichischen Diskussion verstanden wird – zumal die Bedeutung des Begriffs „Versicherungsmakler“ nicht in allen EU-Staaten völlig dieselbe ist.

Die eigentliche Intention, so Gisch, sei es, ein Wahlrecht zwischen Provisions- und Honorarvergütung einzuräumen – was auch die auf den ersten Blick etwas eigenartig anmutende Formulierung „wenn er bzw. es Kunden mitteilt, dass die Beratung ungebunden erfolgt“ nahelegen würde.

„Klarstellung“ durch neuen Zusatz

Über die neue Formulierung erfreut: Makler-Obmann Christoph Berghammer (Bild: Berghammer)
Ist über die vom EU-Parlament
beschlossene Formulierung
erfreut: Makler-Fachverbands-
obmann Christoph Berghammer
(Bild: Berghammer)

Die nunmehr im EP-Text gewählte Formulierung ziele in diesem Sinne auf eine entsprechende Klarstellung ab, hieß es am Dienstag seitens des Fachverbandes der Versicherungsmakler gegenüber dem VersicherungsJournal.

Eine Klarstellung, so der Fachverband weiter, „dass jeder Versicherungsvermittler – auch der Makler – das Wahlrecht haben soll, sich als ‚abhängig‘ zu deklarieren und damit Provision lukrieren zu können oder dem Kunden gegenüber als ‚unabhängig‘ aufzutreten, wodurch ausschließlich ein Honoraranspruch gegenüber dem Kunden möglich ist“.

Maklerobmann Berghammer erfreut

Fachverbandsobmann Christoph Berghammer zeigt sich „froh, dass der Econ (EP-Wirtschaftsausschuss; Anm. d. Red.) diesen Vorschlag aufgenommen hat und die Abstimmung mehrheitlich in diese Richtung gegangen ist“.

Er wertet dies als Zeichen, dass mit „faktenbasierter Interessenarbeit“, die in Abstimmung mit deutschen Maklerverbänden erfolgte, „eine seriöse Meinungsbildung im demokratischen Brüssel möglich ist“.

Wenn der EP-Text nun auch im Trilog übernommen wird, so wäre dies, sagt Berghammer, „für die nationale Umsetzung aus meiner Sicht ein wichtiges Signal“.

 
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